Harald LinderAktuelles, Judo

Interview mit Sappho Coban im Pforzheimer Kurier

Im August vergangenen Jahres zog sich Sappho Coban einen Kreuzbandriss zu und der Traum der 25 Jahre alten Kämpfelbacherin, die für den Budo-Club Karlsruhe (BCK) startet, von einer möglichen Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio schien ausgeträumt. Nach der Verschiebung der Spiele ins Jahr 2021 sieht Coban aber jetzt wieder eine Chance, sich vielleicht doch noch zu qualifizieren, zumal sie seit Anfang März wieder mit dem Judotraining begonnen hat. Allerdings zunächst
nur im heimischen Kämpfelbach beim „Home-Training“ im Hof von Mutter Stella, wo sie zusammen mit Schwester Xenia zumindest Technik- und Krafttraining absolvieren kann, wie sie im Interview mit unserem Mitarbeiter Harald Linder erzählt.

Frau Coban, wie geht es Ihnen gesundheitlich? Ist der Kreuzbandrissausgeheilt? Und sind Sie auch ansonsten fit?

Coban: Ich bin gesund und fühle mich gut. Dem Knie geht es auch gut und es bereitet mir kaum Probleme. Völlig ausgeheilt ist so ein Kreuzbandriss allerdings, soweit ich weiß, erst nach einem Jahr.

Konnten Sie schon wieder in irgendeiner Form mit dem Training beginnen, auch wenn dies zurzeit vermutlich nur eingeschränkt möglich ist?

Coban: Mit Judo habe ich Anfang März schon wieder angefangen. Allerdings erst einmal nur mit Techniktraining und ohne zu werfen oder zu fallen. Mittlerweile
würde ich gerne auch damit wieder beginnen, aber da durch die Corona-Pandemie die Sporthallen noch geschlossen sind, fehlt der Platz. Zusammen mit meiner Schwester Xenia, mit der ich ja immer trainiere, haben wir zwar ein paar Matten im Hof unserer Mutter in Kämpfelbach aufgebaut, allerdings reicht der Platz nicht aus, um Würfe zu trainieren.

Nach welchen Vorgaben trainieren Sie?

Coban: Wir haben einen guten Plan von meinem Reha-/Athletiktrainer Robert Bollinger bekommen, mit dem wir arbeiten können. Das alles ist zwar sehr individuell, aber wir haben zumindest genug Material für Krafttraining oder Zirkel, und so habe ich nicht das Gefühl, dass es mir an etwas fehlt.

Mittlerweile dürfen Kader-Athleten ja wieder in den jeweiligen Stützpunkten trainieren. Wie sieht es da aus?

Coban: In Sindelfingen dürfen wir seit kurzem wieder trainieren. Allerdings ist dort nur Athletiktraining mit dem entsprechenden Mindestabstand und den geltenden Hygienemaßnahmen möglich. Judotraining selbst ist im Moment dort noch tabu. Aber ich kann, wie schon gesagt, zusammen mit Xenia bei meiner Mutter im Hof trainieren. Zum Glück ist das Wetter momentan gut, so macht das Training zusätzlich Spaß.

Nach ihrem Kreuzbandriss im vergangenen Jahr schien das Ziel Olympia nicht mehr erreichbar. Nun wurden die Spiele um ein Jahr verschoben. Eine neue Chance für Sie?

Coban: Die Verschiebung der Spiele war im Sinne der Gesundheit und der Fairness auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Natürlich sehe ich nun selbst auch wieder eine Chance, mich zu qualifizieren. So soll beispielsweise im November die Europameisterschaft stattfinden. Bis dahin bin ich auf jeden Fall wieder fit. Außerdem soll vor den Olympischen Spielen noch einmal eine Europameisterschaft sowie eine Weltmeisterschaft stattfinden. Wie genau der Deutsche Judo Bund das mit der Nominierung handhaben wird, weiß ich noch nicht genau, zumal eine Vornominierung im Februar bereits stattgefunden hat. Ich werde mich auf jeden Fall bestmöglich auf die nächsten Wettkämpfe vorbereiten und bin zuversichtlich, stärker als zuvor zurückzukommen.

Im Oktober soll die Frauen-Bundesliga starten. Sollte dies der Fall sein, wären Sie dabei? Und wie beurteilen Sie, dass mit Backnang, Speyer und dem BCK nur noch drei Teams in der Südgruppe kämpfen?

Coban: Sollte der Start der Frauen-Bundesliga im Oktober wie geplant stattfinden, wäre ich für den BCK dabei. Es ist natürlich schade, dass mittlerweile nur noch drei Teams in der Südgruppe der Frauen-Bundesliga vertreten sind. Das ist für keine der beteiligten Mannschaften wirklich fair. Ich denke, hier sollte der DJB dringend nachbessern.

Was wünschen Sie sich in diesen Zeiten, da soziale Kontakte sehr reduziert sind und wie gehen Sie damit um?

In erster Linie wünsche ich mir natürlich, dass viele Menschen so gesund wie möglich bleiben. So könnte auch bald wieder der Alltag eintreten. Ich selbst mache gerade mein jährliches Praktikum bei der Bundespolizei. Für mich war es selbstverständlich, das jetzt zu machen und zu helfen. Persönlich wünsche ich mir, bald wieder Turniere gewinnen zu können, verletzungsfrei zu bleiben und vielleicht mit den Spielen in Tokio doch noch das Unmögliche möglich zu machen.

erschienen am 02.05.2020 im Pforzheimer Kurier