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Sappho Coban: Das neue Ziel heißt Paris

Dass Sappho Coban kürzlich angefangen hat französisch zu lernen, hat nicht unbedingt damit zu tun, dass die Olympischen Spiele 2024 in Paris stattfinden. Oder vielleicht doch ein bisschen, denn in drei Jahren will sich die 26-jährige Judoka vom Budo-Club Karlsruhe (BCK) endlich ihren olympischen Traum erfüllen. Die Spiele in Tokio musste sie sich abschminken, als sie sich im August 2019 beim Training einen Kreuzbandriss zuzog und die entscheidenden Qualifikationsturniere für die Spiele in Japan verpasste. Dass sie gut in Form war, zeigte sie zuvor noch bei den Europaspielen im Juni in Minsk, wo sie nur knapp an einer Medaille vorbeischrammte und den fünften Platz belegte.
Mittlerweile ist Coban aber wieder komplett fit. „Das Knie macht keinerlei Probleme“, sagt sie und ist froh darüber, dass sie als Kaderathletin trotz des Lockdowns beim Training nur wenig eingeschränkt ist, auch wenn ihr die internationalen Trainingscamps natürlich fehlen, die momentan nicht stattfinden können. Aber das mindert die Motivation der einstigen „Juniorensportlerin des Jahres 2014“ nicht, die in dem selben Jahr auch als Karlsruher „Sportlerin des Jahres“ mit der „Goldenen Pyramide“ ausgezeichnet wurde. Ein Jahr zuvor gewann sie in Sarajewo als erste deutsche Juniorin überhaupt einen Weltmeistertitel bei einer U21-WM.
Ihre Freude am Judo ist ungebrochen, auch wenn sie an dem Olympia-Aus von Tokio durchaus zu nagen hatte, wie sie gesteht. „Das war nicht ganz einfach, aber die Motivation ist nach wie vor sehr groß. Mir macht es immer noch großen Spaß, mich mit anderen Leuten zu messen und vor allem auch zu gewinnen. Das möchte ich bis Paris und dann hoffentlich auch dort noch möglichst oft“, lautet ihre kämpferische Ansage.
Sollte ihr das gelingen, wird sie dann in der Klasse bis 63 Kilogramm kämpfen, nachdem sie zuletzt in der Kategorie bis 57 Kilogramm am Start war. Dadurch gerät sie auch nicht mit ihrer vier Jahre jüngeren Schwester Xenia in Konflikt, die selbst in der Klasse bis 57 Kilogramm kämpft. Seit Ende 2018 leben die beiden Schwestern zusammen in einer Wohngemeinschaft. Zunächst in Stuttgart und seit Weihnachten in Böblingen, wohin die beiden vor kurzem zusammen mit Terrier-Mix „Nilu“ umgezogen sind. „Wir haben schon länger nach einer größeren Wohnung mit einem Balkon gesucht. Jetzt können wir, so bald es möglich ist, auch mal ein paar Leute zu uns einladen. Böblingen ist auch näher zur Judohalle in Sindelfingen“, begründet sie den Umzug nach Böblingen. Dass sie dafür jetzt weiter zum Kraftraum und zur Physio zum Olympiastützpunkt nach Stuttgart fahren muss, nimmt sie in Kauf. Dort will sie sich wieder in die Form bringen, um bei den anstehenden World Cups, die – so es die Corono-Pandemie zulässt – im Februar in Rom und Prag stattfinden sollen, erfolgreich zu kämpfen. Und im April möchte sie dann bei den Deutschen Meisterschaften, die im Sindelfinger Glaspalast vorgesehen sind, in der neuen Gewichtsklasse die deutsche Elite fordern.
Beruflich ist sie seit 2012 bei der Polizei, wo sie seit kurzem im Rang einer Polizeihauptmeisterin ihren Dienst tut. Normalerweise ist sie dort für Training und Wettkämpfe freigestellt, da aber aufgrund der Corona-Pandemie keine Wettkämpfe stattfanden, hat sie in diesem Jahr mehr als Polizistin gearbeitet, als sonst üblich. „Für mich war es selbstverständlich, das jetzt zu machen und zu helfen“, sagt sie. Und während sie Weihnachten noch zusammen mit Schwester Xenia bei Mutter Stella im heimischen Kämpfelbach verbracht hat, wird sie an Silvester zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen von der Polizei „im Dienst sein und für Sicherheit sorgen“. Für das neue Jahr wünscht sie sich „in erster Linie, dass viele Menschen so gesund wie möglich bleiben. Und dass vielleicht auch bald wieder der Alltag eintreten kann. Persönlich wünsche ich mir, bald wieder Turniere gewinnen zu können und vor allem verletzungsfrei zu bleiben“. Sollte dies der Fall sein, kann man vermutlich auch in der neuen Gewichtsklasse mit Sappho Coban rechnen

ZUR PERSON
Sappho Coban – Judokämpferin
– geboren am 7. September 1994 in Karlsruhe; Heimatgemeinde: Kämpfelbach; Abitur am OHG in Karlsruhe.
– 2013 U-21-Weltmeisterin (Klasse bis 52 Kilogramm)
– 2014 Deutsche Meisterin und Deutschlands „Juniorensportlerin“ sowie Karlsruher „Sportlerin des Jahres“
– 2019 deutsche Vizemeisterin (Klasse bis 57 Kilogramm).
– Hobbies: Lesen, Musik (Deutschrap und Hip Hop), Kochen (verschiedene Currys und auch selbst-gemachtes Sushi).
– Lebensmotto: „Success isn’t given!“ (Erfolg wird Dir nicht geschenkt)

Foto: Nicole Saam
Text: Harald Linder (Badische Woche/BNN)