Kerstin WagnerJudo, Aktuelles

Judoka Sappho Coban verkündet ihr Karriereende

Es sei „die schwerste Entscheidung“ in ihrem Leben gewesen, teilte Sappho Coban auf ihrer Facebook Seite mit, als sie verkündete, ihre Karriere als „professionelle Judo-Athletin zu beenden“. Dabei hatte sie vor einem Jahr noch die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024 in Paris als sportliches Ziel ausgegeben, nachdem ihr Traum von den Spielen in Tokio geplatzt war. Diesen musste die 27-jährige Judoka vom Budo-Club Karlsruhe (BCK) begraben, nachdem sie sich im August 2019 beim Training einen Kreuzbandriss zugezogen hatte.

Tokio zu verpassen, wo sie auch deshalb hinwollte, weil sie schon immer den japanischen Stil im Judo als Vorbild sah, schmerzte Coban zwar, aber ans Aufgeben dachte sie da nicht. „Das war nicht ganz einfach, aber die Motivation ist nach wie vor sehr groß. Mir macht es immer noch großen Spaß, mich mit anderen Leuten zu messen und vor allem auch zu gewinnen. Das möchte ich bis Paris und dann hoffentlich auch dort noch möglichst oft“, lautete damals ihre kämpferische Ansage.

Jetzt, ein Jahr später, verkündet die gebürtige Kämpfelbacherin, die im Oktober 2013 in Ljubljana (Slowenien) als erste und bislang einzige deutsche Judo-Juniorin einen Weltmeistertitel der U21 gewann und 2014 zu Karlsruhes Sportlerin des Jahres gewählt wurde, ihren Rücktritt vom Leistungssport. Was also sind die Gründe, den „Judogi“, wie der Judo-Anzug heißt, an den Nagel zu hängen und die Karriere zu beenden? Es gab offensichtlich mehrere und am Ende war es ein schleichender Prozess. Coban, die nach ihrem Kreuzbandriss die Gewichtsklasse (von 57 in die 63 Kilogramm-Kategorie) wechselte, tat sich dort anfänglich schwer, kam aber im Laufe der Zeit immer besser zurecht und konnte im September vergangenen Jahres bei den European Open in Sarajewo gegen starke Konkurrenz ihren ersten Sieg in der neuen Gewichtsklasse feiern.

Doch weitere Erfolge ließen zunächst auf sich warten und Coban wurde ihren eigenen Erwartungen nicht mehr gerecht, wie sie sagte. Das Feuer fehlte, um auf der Matte gut zu sein. Dazu kamen auch körperliche Probleme und eine Müdigkeit, ständig zu reisen. „Um im Leistungssport wirklich gut zu sein, muss einfach alles stimmen, sonst hat man den Kopf nicht frei genug, um zu gewinnen“, meinte sie bei einem Heimatbesuch in Kämpfelbach. So kamen viele Dinge zusammen, weshalb es für sie nicht mehr gepasst hat.

Dennoch war Mirko Grosche, Trainer am Bundesstützpunkt in Sindelfingen, davon überrascht,“dass sie zum jetzigen Zeitpunkt aufhört. Sie hätte in der neuen Gewichtsklasse in Deutschland eigentlich gute Perspektiven gehabt und ich finde es sehr schade, dass sie nicht mehr kämpft“, so Grosche.

Auch beim Budo-Club in Karlsruhe wurde man von Cobans Karriereende überrascht. „Aber wenn man weiß, dass Judo ein Kampfsport ist, der körperlich Spuren hinterlässt, kann man eine solche Entscheidung nachvollziehen. Sappho hatte immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Einmal war es der Ellbogen, dann der Kreuzbandriss. Das ist auch mental nicht einfach, wenn man sich dann immer wieder zurückkämpfen muss“, sagt Nicole Saam, die Präsidentin des BCK, der mit Coban eines seiner Aushängeschilder verliert.
Schon als Vierjährige wurde die gebürtige Kämpfelbacherin von ihrer Mutter Stella zum Judo-Training in die „Alte Reithalle“ gebracht. Dort erkannte man schnell ihr Talent, förderte sie auch mit Individualtraining und Coban wurde so zu der Top-Athletin, die unter anderem 2014 als Deutschlands Juniorsportlerin ausgezeichnet wurde. Zudem wurde sie schulisch im Otto-Hahn-Gymnasium gefördert und wuchs zu einer Persönlichkeit heran, die mittlerweile als Polizeimeisterin bei der Bundespolizei auch beruflich ihre Frau steht, wo sie sich zukünftig auf ihre Laufbahn konzentrieren möchte.

Dass sie irgendwann wieder auf die Judo-Matte (Tatami) zurückkehrt, in welcher Form auch immer, schließt Coban indes nicht aus. „Ich möchte einiges von dem zurückgeben, was ich selbst bekommen habe“, teilt sie in dem Statement zu ihrem Karriereende mit. Das könnte dann durchaus beim Budo-Club in Karlsruhe sein, denn dort will sie, wie auch ihre Schwester Xenia, weiterhin Mitglied bleiben. Aber zunächst, so schreibt sie, „freue ich mich auf mein neues Leben“.

Text: Harald Linder / Pforzheimer Kurier
Foto: Helge Prang/GES