Luise Mattisseck ist eine junge Athletin mit vielen Talenten
von Harald Linder / Badische Neueste Nachrichten
Wenn Luise Mattisseck zum Sambo bittet, hat das nichts mit dem ähnlich klingenden südamerikanischen Gesellschaftstanz zu tun. Der heißt Samba und ist Bestandteil des Karnevals in Rio. Sambo dagegen ist ein dem Judo verwandter Kampfsport und könnte Bestandteil der World Games sein, die 2029 in Karlsruhe stattfinden sollen. Mattisseck ist dann möglicherweise eine der Kämpferinnen, die Deutschland in dieser Sportart vertreten, in der im Gegensatz zum Judo in kurzen Hosen gekämpft wird. Bei den im Oktober vergangenen Jahres im zyprischen Larnaca ausgetragenen Jugend-Weltmeisterschaften wurde die 17-jährige Schülerin aus Titisee-Neustadt, die im Sambo für den Budo-Club Karlsruhe (BCK) auf die Matte geht, Vizeweltmeisterin in der Klasse bis 65 Kilogramm. Und das in einer Sportart, in der normalerweise Athletinnen und Athleten aus dem Osten Europas und Asiens die Medaillen unter sich ausmachen. Doch Mattisseck kämpfte sich bis ins Finale durch und musste sich erst dort der unter neutraler Flagge startenden Russin Elizaveta Bogordaeva beugen.
Es war der bis dahin größte Erfolg der jungen Athletin, die auch in anderen Sportarten aktiv ist. So belegte sie im August 2024 bei den Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften der Leichtathleten in Hannover in der U18 den siebten Platz im Siebenkampf. Doch ihre große sportliche Liebe gehört dem Judo und dem Sambo. „Mein damals bester Schulfreund hat Judo gemacht. In der Schule gab es eine Judo AG. Ich habe dort mit Judo angefangen und dann bei meinem Heimatverein TV Neustadt damit weitergemacht“, erklärt sie. Sie fasziniert an ihrem Sport vor allem, „dass eigentlich jeder Kampf anders ist. Es gibt ganz unterschiedliche Kampfstile. Man braucht Kraft, Ausdauer und Explosivität, wenn man erfolgreich sein will. Das reizt mich am Judo und letztlich auch am Sambo.“ Und sie war und ist in beiden Sportarten erfolgreich. Im März dieses Jahres gewann sie Bronze in Potsdam bei den Deutschen Judo-Meisterschaften U21 und in Abensberg holte sie sich den süddeutschen Meistertitel.
International ragt vor allem die Silbermedaille bei der WM im Sambo heraus. Zu diesem ist sie durch Fabian Schley gekommen. Der ist nicht nur Geschäftsführer beim Budo-Club Karlsruhe (BCK). Schley war auch lange Zeit Landestrainer für die U18-Altersklasse in der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Judo Baden-Württemberg. Und er ist der Präsident des Deutschen Sambo-Verbandes (DSV). „Bei einem der Judo-Lehrgänge hat er mich angesprochen, ob ich nicht auch mal Sambo ausprobieren möchte. Ich wollte und es hat Spaß gemacht“, ist die Geschichte ihrer bisherigen Sambokarriere schnell erzählt. Diese wird sie im Juni zum Sambo Grand Prix nach Paris führen, worauf sie sich richtig freut. Zumal die Schülerin des Kreisgymnasiums Hochschwarzwald in Titisee-Neustadt bis dahin auch ihr Abitur in der Tasche haben dürfte. Mit Deutsch, Latein und Wirtschaft ist sie durch, was die schriftlichen Prüfungen betrifft. Jetzt stehen nur noch die mündlichen Abfragen in Mathematik und Religion auf dem Programm.
Bisher kam sie ganz gut zurecht, „auch wenn ich Latein zuletzt ein bisschen vernachlässigt habe“, wie sie gesteht. Dennoch sollte es zu einem Abi-Schnitt „zwischen 1,1 und 1,3 reichen“, ist sie recht entspannt, weiß allerdings noch nicht, für welches Studium sie sich danach entscheiden soll. Sport und Deutsch auf Lehramt würde sie ebenso interessieren wie Sport-Management, zumal sie ja Wirtschaft als Leistungsfach hatte. Auch eine Ausbildung bei der Polizei kann sie sich vorstellen, da einige Judo-Kollegen beim TV Neustadt bei der Polizei tätig sind und sie deren Job interessant findet.
Doch darüber macht sich die junge Frau, die mit ihrem Freund Lenny auch gerne mit dem Mountainbike unterwegs ist, erst mal keinen Kopf. Sie ist auf die sportlichen Herausforderungen gespannt, die in nächster Zeit auf sie warten. Dazu gehört neben dem schon erwähnten Sambo Grand Prix in Paris auch die Judo-Bundesliga, wo sie beim Kampftag am 31. Mai beim VfL Sindelfingen für die Frauen des Budo-Clubs Karlsruhe in der Klasse bis 63 Kilogramm ihre Premiere feiern möchte. Für Mattisseck, die den zweimaligen Olympiasieger Shōhei Ōno aus Japoan als sportliches Vorbild bezeichnet, ein erster Auftritt im Bundesligateam des BCK, den sie kaum erwarten kann. Musikalisch wird sie sich, die selbst seit früher Jugend Klavier spielt und auch schon einige Konzerte, „auch bei uns in der Kirche“ gegeben hat, dann wieder mit Reggae auf diesen Kampf vorbereiten, während sie ansonsten in Sachen Musik „ziemlich querbeet“ unterwegs ist.
Info
Luise Mattisseck (Judo und Sambo)
geboren am 13. Juni 2007 in Titisee-Neustadt. Vereine: Budo-Club Karlsruhe (BCK), TV Neustadt. Gewichtsklasse: bis 63 Kilogramm (Judo), bis 65 Kilogramm (Sambo). Erfolge: Bronze bei den Deutschen Jugendmeisterschaften. Süddeutsche Jugendmeisterin (Judo). Vize-Weltmeisterin U18 im Sambo. Privat: Lebt in Titisee-Neustadt. Zurzeit Abitur am Kreisgymnasium Hochschwarzwald. Hobbys: Mountainbiking, Wandertouren. Spielt Klavier. Musik: Vor einem Kampf Reggae. Liest gern: zuletzt „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Urlaub: In diesem Sommer Südfrankreich. Strand und Meer.